Eine Ponderosa für eine metropole Reitschule
Projektdauer 2 Jahre
Es war eng, dreckig, schlecht erreichbar und eine Zumutung in so mancher Hinsicht für die über 200 Reitschüler und deren liebgewonnene Pferde aller Rassen und Größen. Ein neues Reitschulzentrum musste schleunigst her und die Aufgabe schien unlösbar.
Zwei alte und nahezu verfallene landwirtschaftliche Betriebe wurden aufgekauft, in akribischer Architekturarbeit aufs Genaueste geplant und nach zahllosen Anträgen und Genehmigungen zum Bau freigegeben. Als nach einem halben Jahr Bauzeit aber nichts mehr zu funktionieren schien, weil simple Ansätze wie Mistentsorgung, Belästigung der Nachbarschaft durch „herumfliegendes“ Stroh und Heu, zu kleine Heu- und Strohlager, hohe Betonstufen zu den Pferdeunterständen, fehlende Tore zur Reithalle, sowie Anfahrwegkapazitäten nicht oder zumindest unterbewertet worden waren, kam man auf RGP zu und erbat von mir „den Blick von außen“.
Hingefahren, angeschaut, mit den Menschen gesprochen, die betroffen waren, also Nachbarn, Reitschüler, Hofgehilfen und Lieferanten, und so konnte durch Zuhören analysiert werden, was den Begebenheiten vor Ort fehlt. Sodann wurde Einiges über den Haufen geworfen und in neuem Ansatz umgesetzt.
Dies geschah hauptsächlich in der Anwendung von SCRUM, und als Der Weise Narr, der zuhört und auf Probleme anspricht, war es mir neben den Herausforderungen auch eine Ehre, die Missstände auf Teambasis aus dem Weg zu räumen.
Basierend nämlich auf täglichen kurzen Meetings, wurde besprochen, wo es voran geht, was im Weg steht und welches die nächsten Schritte sein sollen. Das klappte hervorragend, denn die vielen Betroffenen wollten ebenso ihre Meinung kundtun, als zuarbeitend zur Seite stehen; denn es ging schließlich um das Wohlergehen all der Lieblinge. Also ums Tierwohl und das Selbstbefinden. Doch auch der Arbeitsfluss war ein wichtiges Thema, denn so gut es den Lieblingsvierbeinern auch erging, das Heranschaffen von Futter, Wasser und die Entsorgung von Mist spielten neben der Freude am Ausritt, eine zentrale Rolle in der täglichen Versorgung der Tiere.
Von fehlendem Trinkwasser an den Stallungen
Die Kinder und Angestellten des Pferdehofes sollten laut Architektenplan das gesamte Trinkwasser in Eimern quer über den Hof schleppen, weil keine beheizbaren Gebäude neben den konzeptionellen „offenen Stallungen“ zur Verfügung standen, damit sechzig!!! Pferde ihre tägliche Ration an Wasser erhielten. Ein ausgewachsenes Pferd säuft täglich übrigens zwanzig bis dreißig Liter Wasser.
Ein Unding? Nun, mit ein wenig Raffinesse und technischem Kalkül entwarf ich eine unterirdisch verlegte Wasserver- und -entsorgung mit elektrisch beheizter, Außentemperaturabhängiger Zapfstelle im freien Umfeld, so dass das Wasser auch im Winter direkt bei den Tieren aus dem Hahn lief und von dort auf sehr kurzem Weg per Schlauchleitung zu den Tränken kommen konnte.
400 Kg Ballen Stroh und Heu von Kinderhand?
Auch die Fehlplanung, Heu- und Strohbestände unter einem nur händisch erreichbaren Überdach lagern zu wollen, grenzte an Naivität der Planer, denn die bis zu 400kg schweren Quaderballen Stroh und Heu konnten in dem Umfang, die besagte sechzig Pferde täglich benötigten, nicht von irgendwem von Hand eingelagert werden. (Eine Faustregel besagt: 100kg Pferd benötigt ca 2 KG Heu täglich. Also 10 KG für eine ausgewachsene 500kg Stute, zudem die bis zu dreifache Menge an Strohunterlage als auch Trockenfutter, Strohzuführung und Mistentsorgung. Die tägliche Arbeit der Reitschüler, meist Kinder?
Fehlende Tore zur Reithalle?
Die Reithalle stand, aber die Tore wollte niemand bauen, da diese aufgrund des Schulbetriebs mit teils völlig unerfahrenen Kindern, leise, seitlich gleitend, die Sicherheit der Reitschüler nicht beeinträchtigende Tore sein mussten, die von den Kindern ebenso geöffnet und geschlossen werden konnten wie beim Öffnen und Schließen die Pferde nicht erschrecken würden. Ein von mir erarbeitetes schwebendes Torkonzept bedient nunmehr alle Kriterien und funktioniert nach wie vor auch nach einigen Jahren zigfach täglicher Anwendung.
Mist nach Holland?
Es bedurfte also der kompletten Neuplanung des gesamten Hofkonzeptes und der Anbindung für dreißig Tonner Sattelzüge um der Menge an Material auch über die Jahre hinweg Pflicht zu leisten.
Die Entsorgung des anfallenden, und nicht minder umfangreichen Volumens an Pferdemist wurde seinerzeit durch regionale Abnehmer wie Gärtnereien, Gartenbesitzer usw bestritten. Mit neuen Auflagen allerdings war das Umherfahren per Autoanhänger, Karre oder Traktor nicht mehr möglich, auch hier musste ein Konzept gefunden werden. Recherche, Gespräche und Verhandlungen brachten einen Holländischen Großabnehmer unter Vertrag, der den Mist über 400 km Entfernung nach Holland holte, um darauf Champignons zu züchten.
Futter und Ruhe auf der Weide und im Stall
Auch der Bau der Stallungen, die Futterraufen konzeptionieren sowie die Ver- und Entsorgung von Futter und Mist von den Hof nahen Weiden waren im Umfeld von Industrie, Wohnraum und Kleinbetrieben eine echte Herausforderung, die ich gern umgesetzt habe.